Hinweisgebersysteme

Die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 über den Schutz von Hinweisgebern im Unionsrecht aktualisiert Fragen zu Whistleblowing-Meldemodellen.

Die bestehenden Modelle für die Meldung von Missständen beruhen - zumindest in Deutschland - auf Rechtsnormen und Rechtsprechung aus der Zeit vor der Verabschiedung der Richtlinie und den (zweimaligen) Arbeiten zu ihrer Umsetzung. Aus diesen Gründen lohnt sich ein Blick auf sie. Von geringer Bedeutung ist dabei die Tatsache, dass sich die Richtlinie auf die Meldung von Verstößen gegen bestimmte, im Anhang der Richtlinie ausdrücklich aufgeführte Rechtsakte bezieht. Zudem überschneidet sich ihr sachlicher Anwendungsbereich nicht mit den Rechtsvorschriften, nach denen die bereits bestehenden Systeme gebildet wurden (der sachliche Anwendungsbereich der Richtlinie betrifft das öffentliche Auftragswesen, Dienstleistungen Produkte und Finanzmärkte sowie die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Produktsicherheit und Konformität, Verkehrssicherheit, Umweltschutz, radiologische und nukleare Sicherheit, Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz, öffentliche Gesundheit, Verbraucherschutz, Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten sowie Sicherheit von Netzen und Informationssystemen).

Viel mehr ist hervorzuheben, dass die deutschen Berichtsmodelle, die im Rahmen der bestehenden Gesetzgebung entwickelt wurden, die Anforderungen der Artikel 8 und 9 der Richtlinie erfüllen. Dies betrifft auch die auf dem Markt angebotenen Systemlösungen von Drittanbietern (auf die weiter unten eingegangen wird). Die einzige wesentliche Neuerung, die sich aus der Richtlinie für Unternehmen nach deutschem Recht ergibt, ist die Verpflichtung zur Einrichtung solcher Systeme bei mehr als 50 Beschäftigten.

Deutschland sowie Polen, Estland, Spanien, Luxemburg, Italien und Finnland haben noch keine nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie erlassen. In jedem Fall haben alle Mitgliedstaaten - mit Ausnahme Dänemarks und Schwedens, die die Richtlinie fristgerecht bis zum 17. Dezember 2021 umgesetzt haben. - gegen die Umsetzung verstoßen.

Die Arbeiten an dem deutschen Entwurf des Umsetzungsgesetzes sind noch nicht abgeschlossen. Am 16.12.2022 hat der Bundestag den Regierungsentwurf eines Hinweisgeberschutzgesetzes in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung beschlossen. Allerdings hat der Bundesrat in seiner 1030. Sitzung am 10.02.2023 keine Zustimmung des Entwurfs erteilt, womit nun Bundestag oder Bundesrat den Vermittlungsausschuss aufrufen können. 

Die Arbeiten an dem polnischen Gesetzentwurf über den Schutz von Hinweisgebern sind ebenfalls noch nicht abgeschlossen. Der Website des Zentrums für Regierungsgesetzgebung ist zu entnehmen, dass der Ausschuss für europäische Angelegenheiten den Entwurf eines Gesetzes über den Schutz von Hinweisgebern (UC101), mit den einvernehmlichen Bemerkungen des Ministers für Angelegenheiten der Europäischen Union, des Ministers für Inneres und Verwaltung und des Finanzministers  mit einem Abweichungsprotokoll angenommen hat, in dem die Bemerkungen des Justizministers, des Außenministers, des Präsidenten des Amtes für Wettbewerb und Verbraucherschutz und des Präsidenten des Zentrums für Regierungsgesetzgebung in Übereinstimmung mit dem Standpunkt des Ministers für Familie und Sozialpolitik berücksichtigt werden. Der Ausschuss empfahl dem Ständigen Ausschuss des Ministerrats, den Gesetzentwurf zusammen mit dem Abweichungsprotokoll zu prüfen.

Mit der Verabschiedung des Gesetzes ist im April dieses Jahres zu rechnen.

Was hat die Entwicklung von Berichtsmodellen beeinflusst?

Regelungen auf europarechtlicher Ebene sind für die Praxis der Entwicklung von Meldesystemen für Rechtsverstöße in Deutschland von nicht geringer Bedeutung. Ich denke hier vor allem an Artikel 32 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission.

Es sollte auch auf andere Rechtsinstitute in Deutschland hingewiesen werden, die die Entstehung von Whistleblowing-Regelungen beeinflusst haben. So etwa§ 67 des Bundesbeamtengesetzes vom 5. Februar 2009 vorgesehene Meldepflicht bei Korruptionsverdacht oder um die Berechtigung und den Schutz vor den negativen Folgen einer Meldung an die Aufsichtsbehörden im Falle der Nichteinhaltung der Arbeitsschutzbedingungen durch einen Arbeitgeber, durch Beschwerde eines Arbeitnehmers, vorgesehen in § 17 des Gesetzes zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz und einer weiterer Arbeitsschutz-Richtlinien vom 7. August 1996.

Es sei auch auf § 25a des Gesetzes über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 verwiesen, welches ab dem 1. Januar 2014 die Einrichtung eines Hinweisgebersystems vorschreibt. Zudem ist auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 verweisen, das die Tarifvertragsparteien, die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und ihre Vertreter verpflichtet, bei der Verwirklichung der Ziele des Gesetzes zusammenzuarbeiten, sowie auf § 27, der das Recht vorsieht, sich in Fällen von Diskriminierung an eine Bundesbehörde zu wenden.

Zwei Arten von Signalsystemen

Alle diese Vorschriften, die vor der Whistleblower-Richtlinie galten, wurden zur Grundlage für zwei Arten von Systemen zur Meldung von Missständen. Dem Intenen und dem Externen Hinweisgebersystem.

Interne Hinweisgebensysteme

Interne Whistleblowing-Systeme sehen vor, dass Unregelmäßigkeiten an eine interne Stelle gemeldet werden, die für die Untersuchung von Unregelmäßigkeiten eingerichtet wurde oder einen Status hat, der eine angemessene Reaktion auf gemeldete Unregelmäßigkeiten gewährleistet. Dies kann z. B. der Betriebsrat oder das Personalbüro sein.

Zudem sind an den Systemen in der Regel Dritte beteiligt, die im Bereich des öffentlichen Vertrauens tätig sind.

Moderne externe Systeme basieren jedoch in erster Linie auf der Informationstechnologie. Dabei handelt es sich nicht um ein triviales System zum Senden von Nachrichten an ein E-Mail-Postfach, sondern um ein Kommunikationssystem, das Anonymität ermöglicht und keine zusätzlichen Schritte wie die Einrichtung eines E-Mail-Kontos erfordert. Diese Systeme bieten die Möglichkeit, die Art oder den Gegenstand des Verstoßes genau zu bestimmen. Vor allem große, grenzüberschreitende Unternehmen haben solche Systeme aufgebaut. Ihre Meldesysteme decken alle Standorte ab, wobei die Prüfung der Meldungen häufig an einer zentralen Stelle erfolgt.